Leid, Sorgen und Ungerechtigkeiten bestimmen das Leben vieler Menschen. Gleichzeitig können wir entdecken, dass unser Leben im Großen und Ganzen aus Tausenden von kleinen Zeichen der Aufmerksamkeit und der Großzügigkeit geprägt ist. Einfühlungsvermögen und Liebe zwischen den Menschen schaffen Wohlwollen, prägen soziale Bande und bereichern das Leben. Wir sind aus der Sicht vieler Wissenschaftsbereiche auf soziale Resonanz und Kooperation angelegte Wesen.
Empathie ist die Brücke zum Anderen
Die Fähigkeit des Menschen zu emotionalem Verständnis und Empathie beruht darauf, dass sozial verbindende Vorstellungen nicht nur untereinander ausgetauscht, sondern im Gehirn des jeweiligen Empfängers auch aktiviert und spürbar werden können.
Mehr und mehr kristallisiert sich heraus, dass Empathie als eine entscheidende Quelle für eine gut verlaufende individuelle und auch gesamtgesellschaftliche Entwicklung anzusehen ist. Der Egoist denkt nur an die Optimierung der eigenen Interessen. Eine moralisch handelnde Person bezieht die Interessen der Anderen mit ein. Eine humane Gesellschaft beruht auf der menschlichen Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden, Rücksicht zu nehmen und mit anderen zu kooperieren. Empathisch miteinander umgehen setzt die Überzeugung voraus, dass ein anderer die gleiche Daseinsberechtigung hat wie wir und genauso einzigartig ist wie wir selbst. Die Frage, wie sich diese Entwicklung vollzieht und welche Rolle dabei die Fähigkeit zur Empathie spielt, zieht sich als roter Faden durch die Beiträge des Kongresses.
Wahrhaftigkeit und Vertrauen
Empathie ist der Boden, auf dem demokratische Verhältnisse wachsen und gedeihen können. In einer Welt ohne Empathie fehlt nicht nur das, was das Menschsein überhaupt ausmacht, es fehlt auch die Grundlage für ein demokratisches Wertesystem. Auch ökonomischer Erfolg basiert auf einer verlässlichen Kommunikation. Und die beherzigt unverzichtbare Regeln wie Wahrhaftigkeit und Vertrauen.
Gelingende Dialoge
Vor diesem Hintergrund wird die herausragende Bedeutung gelingender Dialoge deutlich. Der Spracherwerb ist als eine der wichtigsten Voraussetzungen für Entwicklungs- und Bildungsprozesse anzusehen. In der frühkindlichen Bildung sind vor allem die vielfältigen Interaktionen, wie sie in Spielsituationen stattfinden, als Schatzkammer der sprachlichen Bildung anzusehen. Empathie wiederum ist eine grundlegende Voraussetzung für gelingende Interaktionen. Es gilt daher, allen interaktiven Prozessen große Aufmerksamkeit zu schenken.
Sprache stiftet Beziehungen
Erzählen, Vorlesen und das Betrachten von Büchern sind ebenfalls wichtige Bestandteile einer sprachlichen Bildung. Wenn Kinder erzählen, dann finden sie eine sprachliche Form für ein Ereignis, das sie selbst erlebt haben und das bedeutsam für sie war. Das Erzählen schafft einen gemeinsamen Erfahrungsraum. Im Akt des Erzählens werden Beziehungen thematisiert und gleichzeitig erlebt. Es kommen die Dinge des Alltags zur Sprache – auch die in Beziehungen angelegten Konflikte.
Forschungsergebnisse über die Wirksamkeit von Sprachfördermaßnahmen deuten darauf hin, dass vor allem gelingende Interaktionen im Alltag eine positive Auswirkung auf Sprachentwicklungsprozesse haben. Dort, wo Dialoge nicht oder nur schwer möglich sind, sollte frühzeitig therapeutische Hilfe unterschiedlichster Art in Anspruch genommen werden.
Damit ist der Bogen gespannt von der individuellen Entwicklung, die sich in dialogischen Situationen mit nahen und zugewandten Personen vollzieht, über das vertrauensvolle, empathische Kommunizieren mit anderen bis hin zu der Entwicklung demokratischer Lebensformen.
Der Kongress richtet sich an Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, Sozialpädagogen, Therapeuten, Kinderärzte, Kindertagepflegepersonen und an Eltern mit jüngeren Kindern.